Wie die Politik Baufirmen helfen kann
Presseartikel TB vom 12. Februar 2025
CDU-Ministerin Nicole Razavi hat vor Parteifreunden, Bürgermeistern und Vertretern der Baubranche darüber gesprochen, wie es beim Bauen und Wohnen wieder vorwärtsgehen kann. Von Antje Dörr
Die Baubranche steckt in einer Krise. Gestiegene Baukosten und hohe Auflagen bremsen die Unternehmen aus und sorgen dafür, dass aktuell viel weniger Wohnungen gebaut werden als tatsächlich benötigt. Wie kann die Politik die Rahmenbedingungen so verändern, dass es wieder aufwärtsgeht? Diesem Thema hat die CDU um die Landtagsabgeordnete Natalie Pfau-Weller und den Bundestagskandidaten Matthias Hiller eine Wahlkampfveranstaltung in der Bernhardskapelle in Owen gewidmet. Gekommen sind nicht nur CDU-Mitglieder, sondern auch Bürgermeister und Vertreterinnen und Vertreter der Bau- und Immobilienbranche.
„Viele wissen gar nicht mehr, wo unser Wohlstand eigentlich herkommt.“ Nicole Razavi, Ministerin für Wohnen
Im Mittelpunkt des Abends stand der Vortrag von Nicole Razavi. Die Geislinger Landtagsabgeordnete ist seit 2021 Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen. Dass es mit dem Bauen nicht schneller vorangeht, hat aus ihrer Sicht vielfältige Gründe. „Vieles liegt schon an uns selbst“, sagte Razavi, die glaubt, dass es einen Mentalitätswandel braucht, damit Deutschland nicht länger der „schwache Mann Europas“ ist. Ein Beispiel sind für sie die vielen Einsprüche und Klagen, die es regelmäßig hagelt, wenn irgendwo gebaut werden soll. Wenn es immer heiße, „Das Mehrfamilienhaus oder das Windrad? Not in my backyard“, sei es kein Wunder, dass sich nichts verändere. Das Gewerbegebiet in Aichelberg, das durch einen Bürgerentscheid gekippt wurde, ist für sie ein solches Negativbeispiel. „Viele wissen gar nicht mehr, wo unser Wohlstand eigentlich herkommt“, vermutet Razavi. „Wir brauchen die, die schaffen, Gewinne machen, Gewerbesteuer zahlen, damit unser Land funktioniert.“
Dass es überhaupt Bürgerentscheide zu Infrastrukturprojekten geben darf, würde die Ministerin am liebsten verbieten lassen – wohl wissend, dass das nicht in ihrer Macht liegt. Was Razavi jedoch im Rahmen der Reform der Landesbauordnung (LBO) in Aussicht stellt, ist die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens, das Bauvorhaben regelmäßig um viele Monate verzögert und für viel bürokratischen Aufwand sorgt. „Wenn ein Nachbar Grund zur Klage hat, kann er klagen. Aber ohne die Schleife übers Widerspruchsverfahren“, sagt sie. Die Landesregierung plant, die Genehmigungsfiktion einzuführen, wie es sie schon heute in der bayerischen Bauordnung gibt. Sie besagt, dass eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer gewissen Frist als erteilt gilt, wenn der Antrag hinreichend bestimmt ist. „Wir stellen aber an die Architekten und Planer den Anspruch, dass der Antrag auch wirklich genehmigungsfähig ist“, so Razavi.
Die Landesministerin möchte außerdem ran an die Auflagen, auch beim Brandschutz. „Ich will runter von den Standards, die nicht sein müssen, weil die Landesbauordnung nicht dafür da ist, den Luxus zu definieren“, sagt Razavi. Den Bauunternehmern versprach sie: „Sie werden bei der Umnutzung von Gewerbe in Wohnraum keine Genehmigung mehr brauchen.“ Auch die aus ihrer Sicht unsinnige Pflicht, bei Bauprojekten ab einer gewissen Größe einen Kinderspielplatz zu schaffen, soll fallen. Was die Landesregierung bereits erreicht hat, ist, dass Gebäude leichter aufgestockt werden können als bisher. Man habe auch den Bau von Mobilfunkmasten erheblich vereinfacht und die Voraussetzungen geschaffen für das Virtuelle Bauamt. „Das soll richtig Tempo reinbringen ins Bauen“, sagt die Ministerin. Nicht zuletzt hat die Landesregierung die Wohnraumförderung deutlich erhöht. 1,5 Milliarden sind dafür im Doppelhaushalt 2025/26 eingestellt.
In der Fragerunde ging es um verschiedenste Bauthemen, besonders auch um Hemmnisse fürs Bauen. Auch ein Gebiet in Lenningen war Gegenstand der Frage von Bürgermeister Michael Schlecht. Er wies die Ministerin auf „eine Fläche hin, die sich für ein Modellprojekt Scheufelen-Quartier eignen würde und für die man auf Fördermittel hofft“. Er lud Nicole Razavi ein, sich das Gelände anzusehen. Die Antwort fiel aus wie erhofft: „Damit rennen Sie bei mir nicht vorhandene Scheunentore ein“, so die Ministerin.