Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Anhörung zum Gesetz zur Änderung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg
Pressemitteilung
Experten begrüßen Klimaschutzziele, halten
diese aber mit dem Gesetz für schwer erreichbar
Stuttgart. Baden-Württemberg will den Weg zur Klimaneutralität deutlich beschleunigen. Aus diesem Grund soll das Klimaschutzgesetz an neue Vorgaben angepasst werden. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat daher am Montag, 20. September 2021, in einer öffentlichen Anhörung Experten zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Klimaschutzgesetzes angehört.
Nach Angaben von Karrais ist das Interesse am Klimaschutz enorm. „Mehr als 70 Verbände und Institutionen haben zum Klimaschutzgesetz schriftlich Stellung genommen“, so der Vorsitzende. In der öffentlichen Sitzung hätten Verbände deutlich mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die Schaffung eines Transportsystems für Wasserstoff und die Auflösung von Konflikten mit dem Artenschutz angemahnt. Kritik habe es öfters an der Ausgestaltung des Zwei-Prozent-Flächenziels gegeben.
Das überarbeitete Klimaschutzgesetz solle nicht nur eine Reduzierung von Treibhausgasemissionen bezwecken, sondern die Klimaneutralität im Land zum Ziel haben, sagte Karrais. Als langfristiges Ziel löse die Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 das seither bestehende Reduktionsziel von 90 Prozent bis zum Jahr 2050 ab. Die Landesverwaltung solle eine Vorbildfunktion einnehmen und sich bereits bis zum Jahr 2030 klimaneutral organisieren. Hier gebe es dringenden Nachholbedarf, so Karrais.
Um das Ziel zu erreichen, sehe der Gesetzentwurf eine ganze Reihe an Maßnahmen vor: So solle die bereits eingeführte Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern neben den Nichtwohngebäuden nunmehr auch auf Neubeuten von Wohngebäuden erstreckt werden. Zudem solle die PV-Pflicht in einem weiteren Schritt auch bei grundlegenden Dachsanierungen von Gebäuden greifen. Für die ebenfalls schon bestehende PV-Pflicht auf Parkplätzen solle der Schwellenwert für deren Anwendung von 75 Stellplätzen auf 35 Plätze abgesenkt werden.
In der öffentlichen Anhörung sagte der Direktor der Stiftung Klimaneutralität, Rainer Baake, das von Baden-Württemberg anvisierte Ziel sei „sehr ehrgeizig“. Voraussichtlich werde das Land das Ziel in der „extrem kurzen Zeit“ nicht ganz erreichen. Die Landesregierung solle sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Bundesgesetze so ausgestaltet werden, damit sie das Ziel unterstützen und nicht konterkarieren. Ein wesentlicher Faktor auf dem Weg sei die Herstellung und die Nutzung von großer Mengen grünem Wasserstoff. Insbesondere müsse überlegt werden, wie der Wasserstoff und der Strom aus dem Norden in den Süden transportiert werden könne.
Der Verbandsdirektor Prof. Dr. Gerd Hager vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein begrüßte die Klimaschutzziele ebenfalls, kritisierte jedoch viel zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren etwa bei der Windenergieplanung. Er forderte schnellere Verfahren, klare Vorgaben für die Regionen, einen verbesserten Rechtsrahmen, mehr Personal bei den Genehmigungsbehörden und eine Auflösung von Flächenkonflikten (z.B. Windkraft vs. Artenschutz).
Die Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, Sylvia Pilarsky-Grosch, bezeichnete den Gesetzentwurf als unzureichend. Was an Vorgaben vorliege, sei nicht ausreichend. Nötig sei eine Nutzung von drei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien, zum Beispiel im Verhältnis zwei Prozent Windenergie und ein Prozent Photovoltaik. Die darauffolgende Diskussion mit den Abgeordneten führte neben Fragen zum Konflikt mit dem Artenschutz zu der Frage, ob die Fläche nicht an anderer Stelle fehle, zum Beispiel für die Landwirtschaft,
Der Geschäftsführer des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft, Torsten Höck, empfindet die Klimaschutzziele als „sportlich“. Um die Dekarbonisierung voranzutreiben, brauche es mehr Tempo beim Ausbau etwa von Wind- und Solaranlagen. Auch werde sehr viel schneller Wasserstoff benötigt, um eine Verlagerung der Industrie in den Norden zu verhindern. Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen würden weiterhin benötigt. Er mahnte zudem einen schnelleren Ausbau der Übertragungsnetze an.
Gudrun Heute-Bluhm vom Städtetag Baden-Württemberg wies ebenfalls auf Konflikte bei der Flächennutzung, etwa mit dem Artenschutz, hin. Sie plädierte für übergeordnete Abwägungen und Artenschutzpläne des Landes, die landesweit gültig seien. So müssten Streitigkeit nicht in allen Regionen vor Ort ausgetragen werden. Dr. Volker Kek vom gleichnamigen Ingenieurbüro ging auf die Verteilung der CO2-Emmissionen und Energiebedarfe ein und wies auf die Dynamik erneuerbarer Energien hin.
Umweltausschuss hört Experten zum überarbeiteten Klimaschutzgesetz an